Bereits in der aktuellen Fan geht vor – Ausgabe (seit heute auch im Verkauf) – in meiner Kolumne „Statler & Waldorf“ habe ich mich ausgiebig über Bild-Dummschreiber Alfred Draxler und seinen Blödsinn, wie auch grundsätzlich zum Thema 50+1 aufgeregt.
Heute legt der selbsternannte Kämpfer für Fußball und gegen „Ultras“ (wen er damit auch immer konkret meinen mag) per „Nachgehakt“ nach. Er beklagt sich – nicht ganz zu Unrecht – über das peinliche Auftreten der DFL-Vertreter in den Europapokal-Spielen. Nicht ein Team, nicht ein einziges deutsches Team hat *nicht* verloren. Das ist bestimmt Rekord. Konnte man es bei Dortmund gegen den Titelverteidiger Real Madrid, wie auch beim langweiligen Dauermeister gegen gecheatete Pariser erwarten, so ist der Auftritt des Brausekonzerns bei dem international eher zweitklassigen türkischen Meister Besiktas Istanbul vermutlich eher peinlich gewesen. Ich habe es nicht gesehen. Aber gehört, dass es im Stadion laut war. Offenbar zu laut für die sensiblen Fußballer im Namen eines Gesöffs, das Flügel verleihen soll.
Die i-Tüpfelchen folgten dann am Donnerstag. Hertha, Hoppelheim und, allerdings nicht ganz unerwartet, Köln blamierten sich gegen Vereine aus dem fußballerischen Niemandsland, wenn man von Belgrad absieht. Peinlich, wenn man sich als Bundesligist weder gegen Rasgrad (!) noch Östersund (!!) durchsetzen kann.
Für Herrn Draxler sind selbstverständlich die „Ultras“ daran schuld. Die Bewahrer von Tradition und Fußballkultur, die der längst notwendigen Modernisierung der Bundesliga im Weg stehen – Draxler meint mit Modernisierung nichts anderes als die Abschaffung von 50+1!
Draxler, der seine Realität bei jeder Gelegenheit als die einzig wahre Realität agitiert, stolpert dabei keineswegs über den offenkundigen Widerspruch, dass genau die Clubs, die nicht groß durch 50+1 eingeschränkt werden, verantwortlich für die peinlichen Auftritte sind. Dank Brausemillionen sollte der Vizemeister der vergangenen Saison einem Club wie Besiktas haushoch überlegen sein. Hoppelheim war bekanntlich noch nie wirtschaftlich von dem eigenen Spielbetrieb abhängig. Wären die das, würden die bestenfalls zwischen 4. und 5. Liga hin- und herpendeln. Gegen Gegner wie Rasgrad und Braga, nicht zwingend die Creme des internationalen Fußballs, reichte es trotzdem nur zu keinem Punkt.
Hertha und Köln, vor wenigen Jahren noch auf den Spuren des 1. FC Kaiserslautern, haben sich mit irgendwelchen Vermarktungs-Verträgen, von denen noch keiner so richtig weiß, ob diese ein nächstes Level nachhaltig finanzieren bzw. ermöglichen oder doch irgendwann zum Genickbruch führen, in den vergangenen Monaten zur Bundesliga-Spitze hochgearbeitet. Zumindest bei Köln sieht man im Augenblick, wie fragil das ganze zumindest sportlich ist. Alles aber noch kein Grund, so durch Europa zu stolpern, als wenn man in Lichtenstein beheimatet wäre.
Draxlers Lösung ist einfach. 50+1 weg, Investoren rein, sportlicher Erfolg da. Einzig seine Ultras stören diese einfache Rechnung. Ich zitiere ihn wortwörtlich:
„Warum lassen es sich einige Klubs und der DFB gefallen, dass einige Hundert Ultras die Agenda vorgeben? Die Frage, ob Helene Fischer beim Pokalfinale singen darf oder nicht, wird leidenschaftlicher diskutiert als das Totalversagen in der Europa League.“
Ja, Herr Draxler, habe ich verstanden. Weg mit 50+1.